Art Brut – Naive Kunst – Outsider Art

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4. September 2019, Arbeit von David, 11 Jahre, Schüler einer Förderschule mit Förderschwerpunkt auf geistiger Entwicklung. David ist geistig behindert. Er hat die Diagnose ‚Trisomie 21‘. Die Aufgabe des Schülers im Kunstunterricht ist es, das Papier zu ‚knubbeln‘ und es entlang der vorgezeichneten Linien aufzukleben. Aus dieser Technik soll das Bild einer Blume entstehen. David kreiert diese Abstraktion, eine wunderbare Arbeit, die ihn viel Fleiß und Geduld kostet und eine bestimmte Ästhetik ausstrahlt.

Die künstlerische Arbeit geistig behinderter oder psychisch kranker Menschen, autodidaktische Kunst oder Kunst von Kindern bekam 1947 von dem französischen Maler Jean Dubuffet einen Namen: „Art Brut“. Alternative Namen für die rohe, antiakademische Kunst sind „Naive Kunst“ oder „Outsider Art“. Die „Art brut“ beschreibt Dubuffet wie folgt: Es seien „Zeichnungen, Gemälde, Kunstwerke aller Art, die von Unbekannten, von Besessenen geschaffen wurden, die durch spontane Impulse entstanden, die von Phantasie und Tollheit beseelt sind und sich nicht in den alten Gleisen der katalogisierten Kunst bewegen.“ https://artinwords.de/jean-dubuffets-art-brut/

Der Maler Jean Dubuffet war selbst nicht geistig behindert oder psychisch krank, aber begann seit dem Jahr 1947 künstlerische Arbeiten benachteiligter Menschen über 20 Jahre zu sammeln. So gründete er ebenfalls im Jahre 1947 u.a. zusammen mit dem Surrealisten André Breton die „Compagnie de l’Art brut“. Im Jahr 1975/76 wanderte Dubuffets Art brut – Sammlung nach Lausanne. Dort wird sie seit 1976 in einem öffentlichen Museum, der „Collection de l’art brut“, ausgestellt.

Davids Arbeit ist bewegend. Ihm zuzuschauen, wie er voller Enthusiasmus von der Norm abweicht und dabei auflebt, versprüht pures Leben. Das Blatt Papier belebt er mit seiner Abstraktion einer Blume. Dabei hat er sich entschieden, jedem einzelnen Papierkügelchen einen bestimmten Platz zu geben. Das Bild, das David kreiert, beinhaltet die Bewegungen seines Geistes, seinen individuellen ästhetischen Anspruch, seine Konzentrationskurve während dieser Arbeit sowie den Ausdruck seiner motorischen Fertigkeiten. Es zeigt deutliche „Spuren“.

Jean Dubuffet bezeichnete die „Art Brut“ einst als „wahre Kunst“ oder als „Kunst im Reinzustand“. https://artinwords.de/jean-dubuffets-art-brut/

Ich selbst empfinde Davids Arbeit einer Blume aus Papierkügelchen wenigstens als äußerst ehrlich.

Zwei weitere Werke aus eben derselben Schule:

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Name: Unbekannt, KünstlerIn: Unbekannt (oder „Viktor“?)

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Name: Unbekannt, KünstlerIn: Unbekannt

Children’s Art I

That’s what Daniel, 6, (on the left) and me (on the right) produce while sitting in a self-built cardboard castle, each one of us drawing inside their own „room“. We’re inspiring each other without seeing each other.

 

Vortrag über „Kreativität und Glücklichsein“ bei der Brühler Frauenwoche 2019

Im Rahmen der Brühler Frauenwoche halte ich am Sa., 16.3.2019 zwischen 10h und 12h in der wunderschönen Villa Kaufmann in Brühl einen Vortrag zum Thema „Kreativität und Glücklichsein“. Dabei geht es um die Frage, was Kreativität eigentlich ist und weshalb sie wichtig für uns ist. Während einer anschließenden Arbeitsphase möchte ich mit den Teilnehmerinnen eine Schreib- und/oder Malmethode ausprobieren, damit wir uns gemeinsam dem kreativen Prozess öffnen.

Kommt vorbei! Ich freue mich auf Euren Besuch! Anmeldungen unter k-hake@gmx.de

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Lena’s tears

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Hambi – Der Wille aus den Wäldern

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Heute früh hörte ich im Radio ein Interview zwischen einer Journalistin und NRW Innenminister Herbert Reul. Es ging um die aktuellsten Ereignisse im Hambi (Hambacher Forst) bei den friedlichen Protesten gegen den Braunkohleabbau. Leider geschah dort zuletzt ein tragischer Todesunfall. Die Fragen der Radioreporterin im Interview zielten auf eine persönliche Stellungnahme des Innenministers zu den Vorgängen im Hambi ab.

Während er antwortete, fiel am häufigsten das Wort „Gesetzeslage“. Der am häufigsten gefallene Satz lautete: „Die Gesetzeslage ist klar.“ Reuls emotionales Statement beinhaltete zwar die „Anteilnahme“ am Schicksal der Angehörigen des kürzlich im Hambacher Forst verstorbenen Journalisten, jedoch umfasste seine Reflektion der im Interview erfragten Informationen nicht im Geringsten die Hinwendung zu einer Abkehr von den Polizeieinsätzen im Hambacher Forst. Denn: ‚die Gesetzeslage sei ja klar, die Polizei müsse schützend eingreifen‘, so lauteten Reuls Formulierungen. Es war deutlich hörbar, dass Reul sich nach und nach in die Enge getrieben fühlte. Die einzige Möglichkeit Position einzunehmen war, sich in Sicherheit zu wiegen – und die bietet ihm, so ist es seiner Stellungnahme aus dem Interview zu entnehmen, nun mal die Gesetzeslage. Dass diese bei der Katastrophe, die sich zur Zeit im Hambacher Forst abspielt, an die Stelle von ‚Sicherheit‘ eine Überzahl von teils gewaltsamen Polizeikräften setzt, die friedlichen Demonstranten gegenüber stehen, erkennt der Politiker nicht; dass die Menschen, die im Hambi in Baumhäusern wohnen und sich an Bäume ketten, um ein Zeichen dafür zu setzen, dass die RWE Bagger und die ‚Gesetzeslage‘ Lebensraum zerstören, sieht Reul nicht; dass diese Menschen für den Erhalt des natürlichen Lebensraums von Tieren, Pflanzen, Menschen und gegen den Braunkohleabbau und damit wiederum für den Klimaschutz und die Verbesserung der Lebensqualität auf unserer Erde demonstrieren, kommt dem Innenminister nicht in den Sinn.

Der Widerstand, den die friedlichen Demonstranten, Natur- und Klimaschützer derzeit in den Wäldern leisten, wird von Reul schlichtweg nicht respektiert. Dass die dort demonstrierenden Menschen einen Willen haben, der mit Mitteln eines unangemessen großen Polizeiaufgebots und absolut widersinniger Argumentation für die Räumung („fehlender Brandschutz in den Baumhäusern“) von diesem Land unterdrückt wird, scheint Reul fern zu sein. Er stellt sich noch nicht mal die Frage, warum im Hambacher Forst geschieht, „was geschehen musste“, so die Radioreporterin – und damit meint sie den Tod des Journalisten, der von einer Hängebrücke in die Tiefe stürzte.

Diese Entwicklung und das Interview, welches ich heute morgen mit anhörte belegen nur, dass der freie Wille friedlicher Mitbürger nicht gehört und gesehen werden will und Menschen, Tiere, die Natur, das Klima und die Erde, sprich, unser Lebensraum, unter der „Gesetzeslage“ massiv zu leiden haben! Ich bin bestürzt und entsetzt von dem, was mir heute früh zu Ohren gekommen ist.

In den vergangenen Wochen fühlte ich mich einfach nur traurig und der Debatte, die durch die Ereignisse im Hambacher Forst hervorgerufen wurde, wie gelähmt gegenüber stehend. Mit diesem Foto aus dem Jahr 2012 – eine sehr persönliche Aufnahme – will ich nur einmal mehr zeigen, dass Mensch und Natur/Umwelt zusammengehören und dass da ein Wille friedlicher Menschen ist, der anhand friedlicher Demonstrationen in die Welt gerufen wird und erhört werden will.

Der Kölner Stadtanzeiger schreibt über mich

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Danke an Ulla Jürgensson vom Kölner Stadtanzeiger für ihr Interesse und die schöne Darstellung dessen, worüber wir geredet haben.

Das Kratzen eines Kaninchens an der Wange

An einer Wandtafel befinden sich im Klassenraum auswechselbare Folien, die mit Zahlen von Null bis 31, mit den Monaten von Januar bis Dezember und mit den Wochentagen von Montag bis Freitag versehen sind. Morgen für Morgen, Jahr für Jahr, stellen die Kinder erneut das Datum ein und jedes Kind liest einmal das Datum von der Tafel ab. An diesem Morgen lesen sie mit müden Stimmen „Es ist Mittwoch, der 30. Mai 2018“.
Manchen Kindern fällt das Lesen sehr leicht und anderen sehr schwer. Es ist kaum so, als gebe es etwas dazwischen in der Klasse, was gut sei.

Um auszudrücken, mit wieviel Freude ich den Viertklässlern dabei zusehe ihr Tagewerk zu schaffen, brauche ich mehrere Zeilen. Dabei ist der erste Streich dieser Kinder an diesem Tag doch nur, das Datum vorzulesen. Die Wege mit dem Rollstuhl zur Holzscheibe sind weiter und beschwerlicher als zu Fuß, vor allem, weil es so eng in den Klassenräumen ist. Jenny ist das Mädchen mit dem schönsten Lächeln der Klasse. Sie wendet ihren Rollstuhl zur Wandtafel herum, um ablesen zu können.

Jenny kam mit Sauerstoffmangel auf die Welt. Sie hat so hagere Knochen, dass ihr Skelett wie verschwunden scheint ebenso wie ihre Muskulatur und ihre Intelligenz. Das erste, worauf Jenny an jedem Morgen aufmerksam macht ist das Bild eines Hasen auf der Wandtafel, das den Frühling anzeigt und Jenny sagt dazu: „Guck mal ein Kaninchen“. Diese Tiere kennt sie, die hat sie zu Hause.

Thommy, ein ADHS-Kind – und was der sonst noch alles haben soll – springt von seinem Platz auf, um seiner Freundin zu helfen: „Der Hase kommt im Frühling mit seinem Korb und bringt die Ostereier, Jenny … sag mal ‚Früühling‘ „, erklärt er und Jenny lächelt. Zu leise versucht sie noch einmal das Datum vorzulesen, doch sie verschluckt die Jahreszeit. Ihr fällt auf, dass auf dem Bild ein Kaninchen abgebildet ist und sie sagt: „Guck mal, ein Kaninchen“. Der Klasse zeigt sie, wie Bonny, eines ihrer drei Kaninchen, sich einst mit seiner Pfote an der Wange kratzte. Daran erinnert Jenny sich: Es ist eine der wenigen Erinnerungen, die sie hat.

„Das war vor drei Jahren, Jenny“, sagt ihre Lehrerin und Jenny lächelt. Nur wenig später bleibt ihr die Jahreszahl im Hals stecken. Jenny mauschelt sich an der ‚Tausend‘ vorbei. Die ist schwer auszusprechen und bleibt an ihrem Gaumen kleben.

Alles, was an diesem Morgen übrig bleibt, als Jenny mit dem Rollstuhl zurück an ihren Platz fährt, sind ihr schönes Lächeln und das Kratzen eines Kaninchens an der Wange.

Urlaub, und was es ist

Der Morgen ist erfüllt von neuen Wundern. Davon, die letzten Sonnenstrahlen zu genießen, um Abschied vom wunderschönen Thailand zu nehmen. Ein Affe gaukelt in den Baumkronen.

„Die Seele baumeln lassen“, die Sonne genießen, entspannen, runter kommen, abschalten und die Frage: „Wie?“, sind nur meine ersten Gedanken zum Thema „Urlaub“. Ich möchte gerne herausfinden, was Urlaub alles sein kann und denke, so verschieden die Menschen sind, so verschieden sind auch ihre Vorstellungen von dem, was Urlaub ist.

Hier im „Paradies“ auf einer tropischen Insel in Thailand kann ich behaupten, dass ich wirklich noch nichts Paradiesischeres gesehen habe. Meterhohe, schlanke Kokospalmen säumen die Insel, die Palmenblätter wedeln sanft im Wind, die Kokosnüsse strahlen grün und zuverlässig von den Bäumen herab, die Blumen sind bunt, die Schmetterlinge groß, der Himmel ist blau, das Meer ist türkis und hat 28 Grad, die Luft ist heiß, die Geräusche sind leise. Das hiesige Paradies scheint prädestiniert zu sein, um Urlaub zu machen.

Aber auch in meinem Urlaub auf der Kokospalmeninsel habe ich einen traurigen Moment wie er überall sonst auch vorkommen kann. Dass ich hier im Paradies traurig bin, macht mich wütend, fragend und das Paradies unerträglich. So versuche ich meine Traurigkeit zu verstehen. Sie existiert also auch im Paradies. Es ist o.k. zu wissen, dass Traurigkeit zum Urlaub gehört wie die Kokospalmen ins Paradies.

‚Urlaub‘ bedeutet an einem anderen Ort zu sein. Dies bemerke ich zusätzlich durch ganz wundersame Erlebnisse in der Nacht. Ich liege wach und was ich höre, ist das Geheule von Hunden, die jaulen wie Wölfe, die den Mond beschwören. Von zu Hause kenne ich das nicht. Das Geheule hört erst auf, als ein tropischer Platzregen aus dem Himmel bricht und die Luft minimal abkühlt. Es ist, als hätten die Hunde den Regen herauf beschworen. Was ich wahrnehme, ist die wunderbare Geräuschkulisse der Nacht an einem fremden Ort.

Urlaub bedeutet Bewegung und ‚am Meer zu sein‘. Nicht, weil das Meer der vielleicht klassischste Urlaubs- und Sehnsuchtsort ist, sondern weil das Meer dazu einlädt, stundenlang seiner Bewegung zuzusehen und seinem Rauschen zuzuhören. Als ich lange Zeit damit verbringe, die Bewegungen des Meeres zu beobachten, erblicke ich im Sonnenlicht einen glitzernden Fischschwarm, der aus dem Wasser in die Luft springt und wieder ins beheimatete Meer eintaucht. Diese Art von Lebendigkeit habe ich vorher noch nie entdeckt. Das unentwegte Meeresrauschen vor der Haustür ist wie eine permanente Melodie, die mich im Hintergrund in den Schlaf wiegt; Diese Art von Beruhigung hört niemals auf.

Die vielen Begegnungen mit Menschen unterschiedlichster Nationalitäten während meines Urlaubs kann ich gar nicht aufzählen, aber fast alle von ihnen sind schön und manche davon sogar außergewöhnlich schön. Urlaub ist Begegnung und ein ’sich öffnen‘ in der Fremde. Daraus resultieren Gemeinschaft, Kommunikation und Verständnis gegenüber fremden Menschen, Kulturen, Sitten und Religionen sowie das Streben nach Harmonie im mickrigen Selbst.

Entspannung ist wohl das, was Urlaub am meisten bringen soll. Urlaub ist dann Entspannung, wenn ich weiß, wohin ich will. Dort anzukommen, wo ich sein will So lasse ich mich auf meine Umgebung ein. Dazu gehören nicht nur die Begegnungen mit fremden Menschen, evtl. eine fremde Sprache, andere Gewohnheiten und Temperaturen, sondern Bilder. Sind es das Meer oder die Berge, die ich sehe? Sand- oder Kieselstrand? Welche Tiere begegnen mir? Wie klingt das Meeresrauschen, wie der Wind? Wo geht die Sonne auf, wann geht sie wieder unter? Ich kann das alles beschreiben.

Als ich mich während meines Urlaubs einer für mich ungewohnten Bewegung aussetze und schnorcheln gehe, sehe ich einen Oktopus unter mir, wie er seine Tentakeln langsam im Wasser wiegt, den Sandboden erfühlt und doch voller Ruhe an Ort und Stelle verweilt, obwohl mein menschlicher Körper einen riesigen Schatten über sein Dasein wirft. So mache ich mir bewusst, mit welcher faszinierenden Ruhe Tiere auf mich wirken.

Die Kokospalmen, das Erkennen von Traurigkeit, die heulenden Hunde, der tropische Regen, die schönen Begegnungen, der glitzernde Fischschwarm und der Oktopus im Sand machen meinen Urlaub wundervoll. Es müssen nicht viele Wunder sein, aber wenn es gelingt, kleine Wunder zu sehen, ist das Urlaub.